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Künstliche Intelligenz in der Testamentsgestaltung – Chancen und Grenzen

In der digitalen Welt gewinnt die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) zunehmend an Bedeutung, und auch das Erbrecht bleibt von dieser Entwicklung nicht unberührt.

In der digitalen Welt gewinnt die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) zunehmend an Bedeutung, und auch das Erbrecht bleibt von dieser Entwicklung nicht unberührt.

Der aktuelle Stand: KI und Testamentsgestaltung
KI-gestützte Technologien wie ChatGPT und Legal-Tech-Plattformen bieten bereits heute Hilfestellungen bei standardisierten rechtlichen Fragen und der Erstellung von Dokumenten. Ein prominentes Beispiel ist die Nutzung von ChatGPT, das in Sekundenschnelle Texte für verschiedenste Testamentsformen generieren kann. Diese Technik ermöglicht juristischen Laien, mit wenig Aufwand ein juristisches Dokument zu entwerfen, das strukturell korrekt und sprachlich schlüssig erscheint. Doch wie verlässlich sind diese Entwürfe in rechtlicher Hinsicht?

Die Chancen: Effizienz und Zugang
Die Nutzung von KI in der Testamentsgestaltung könnte insbesondere für jene eine Erleichterung darstellen, die sich keine umfassende anwaltliche Beratung leisten können oder wollen. Auch für Anwälte und Notare könnte der Einsatz von KI eine Unterstützung bei standardisierten Fällen bieten, etwa durch die Beschleunigung von Routineaufgaben. Dienste wie „Erblotse.de“ zeigen, dass KI in der Lage ist, Erben bei Erbscheinsanträgen zu begleiten und so Zeit und Kosten zu sparen. Diese Plattformen haben das Potenzial, komplexe Prozesse zu vereinfachen und den Zugang zu rechtlichen Informationen für eine breite Bevölkerungsschicht zu öffnen.

Die Grenzen: Risiken der Automatisierung
Gleichzeitig bergen KI-generierte Testamente erhebliche Risiken. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass KI-Modelle oft unvollständige oder unnötige Klauseln einfügen, die juristisch fehlerhaft sind oder nicht den Anforderungen der jeweiligen individuellen Situation entsprechen. Ein Algorithmus, der lediglich auf bestehende Daten zurückgreift, ist in seiner Entscheidungsfindung stochastisch, d. h., er arbeitet ohne echtes Verständnis der Bedeutung juristischer Feinheiten. Dies führte bei eigenen Versuchen mit ChatGPT dazu, dass in ein Testamentsentwurf eine Nachlassverwaltung/ Testamentsvollstreckung ohne Anweisung eingebaut wurde – eine weitreichende Entscheidung, die rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass KI bereits jetzt in der Lage ist, Handschriften originalgetreu zu imitieren, sodass die Originalschrift mit bloßem Auge nicht von der KI generierten Schrift zu unterscheiden ist. Dies birgt Risiken für das Identifikationsmerkmal als Urheber.

Der Blick in die Zukunft: KI und ihre Rolle in der Kanzleipraxis
In der Zukunft kann die Integration von KI in juristische Software die Mandatsannahme und die Bearbeitung standardisierter Aufgaben erheblich beschleunigen. So könnte beispielsweise die Ermittlung von Erbquoten oder die Bewertung von Nachlassimmobilien durch KI gestützt werden. Die Grenzen der Technologie werden jedoch dort deutlich, wo individuelle Fallgestaltung und komplexe juristische Entscheidungen gefordert sind. Anwälte und Notare müssen weiterhin sorgfältig prüfen, inwieweit KI zur Unterstützung – nicht jedoch zur vollständigen Ersetzung – ihrer Arbeit eingesetzt werden kann.

Fazit: Chancen nutzen, Risiken minimieren
Die Nutzung von KI in der Testamentsgestaltung bietet vielversprechende Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und zur Erhöhung des Zugangs zu juristischen Dienstleistungen. Doch die Technologie steht noch am Anfang und weist viele Schwachstellen auf, insbesondere wenn es um individuelle Fallgestaltungen und rechtlich komplexe Situationen geht, die einen Beratungsaufwand erfordern. Eine sinnvolle Zukunftsvision für KI in der Testamentsgestaltung und im gesamten Erbrecht liegt in einer Kombination aus technischer Unterstützung und menschlicher Expertise. So kann KI die Routineaufgaben der Kanzlei erleichtern, ohne dabei die Qualität und Verlässlichkeit des juristischen Ergebnisses zu gefährden.

Zu dem Thema „Testamentsgestaltung“ sowie zu allen anderen erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.