Freigabeverpflichtung des Nachlasses
Gem. § 2217 I 1 BGB können die Erben vom Testamentsvollstrecker verlangen, bestimmte Gegenstände an sie freizugeben, die er offensichtlich nicht zur Erfüllung seiner Obliegenheiten als Testamentsvollstrecker benötigt. Es handelt sich hierbei um einen zivilrechtlichen Anspruch der Erben gegen den Testamentsvollstrecker selbst. Der Anspruch kann auch dann schon geltend gemacht werden, wenn die Testamentsvollstreckung noch andauert. Es handelt sich zweckgemäß um eine Vorschrift, die den Erben als eigentlichen Eigentümer der Nachlassgegenstände berücksichtigt und das Interesse an einer freien Verfügung über sein Eigentum wahren soll. Allerdings ist der Anspruch aus Erbensicht eher unbefriedigend konzipiert – es handelt sich nicht um zwingendes Recht i.S.d. § 2220 BGB und kann daher vom Erblasser im Testament ausgeschlossen werden.
Die Freigabeverpflichtung besteht grundsätzlich dann, wenn der Testamentsvollstrecker einen Gegenstand nicht für seine zugewiesenen Aufgaben benötigt.
Der Testamentsvollstrecker bedarf etwaiger Nachlassgegenstände dann nicht, wenn er sie nicht zur Ausführung des im Testament niedergeschriebenen Willens des Erblassers benötigt, insbesondere wenn es sich nicht um Vermächtnisgegenstände handelt. Dieses „Nichtbenötigen“ muss wortlautgemäß „offensichtlich“ sein, weswegen an die Beweislast des Erben für diesen Umstand erhöhte Ansprüche gestellt werden müssen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die Freigabeerklärung trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 2217 I 1 BGB erfolgt ist, kommt ein Anspruch des Testamentsvollstreckers auf Herausgabe bzw. Rückgabe des Gegenstandes gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti) in Betracht.
Als Rechtsfolge der abzugebenden Freigabeerklärung erlischt das Recht des Testamentsvollstreckers, den freizugebenden Gegenstand zu verwalten, über ihn zu verfügen oder zu prozessieren, § 2217 I 2 BGB. Ob es sich bei der Freigabeerklärung um ein einseitiges dingliches Rechtsgeschäft oder einen dinglichen Vertrag handelt, ist strittig.
Grundsätzlich kann der Erbe die Freigabe von Gegenständen auch bewirken, indem er dem Testamentsvollstrecker eine angemessene Sicherheitsleistung für den freizugebenden Gegenstand hinterlässt, § 2217 II BGB. Damit kann der Testamentsvollstrecker die Freigabe von Gegenständen auch dann nicht verweigern, wenn er sie zur Ausführung der letztwilligen Verfügung benötigt. Ausgenommen davon sind nur Gegenstände, die auf (bedingten und betagten) Vermächtnissen oder Auflagen beruhen.
Unbeschadet der obigen Ausführungen steht es dem Testamentsvollstrecker ohnehin jederzeit offen, freiwillig Nachlassgegenstände freizugeben, auch wenn dies dem Willen des Erblassers widerspricht.
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